Das Gesicht im Dunkeln

Poster
Originaltitel:
A doppia faccia
Jahr:
1969
Eingetragen:
20.03.2012
Bearbeitet:
21.03.2012
IMDB-Wertung:
5,7/10
TMDB-Wertung:
5,7/10


Hannes schreibt:

Helen (Margaret Lee) ist vom Leben verwöhnt: Ihre Mutter hinterließ ihr die Firma und überging dabei den Ehemann/Vater (Sydney Chaplin), der nur pro forma noch Geschäftsführer ist. Die selbstbewusste Frau weiß ganz genau, was sie will; dazu gehört ihr eigener Ehemann John (Klaus Kinski) nicht mehr. Stattdessen hat sie sich mit der attraktiven Tänzerin Liz (Annabella Incontrera) zusammengetan.

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John wird nicht mehr benötigt

John kann das nicht verstehen – er ist bereit, um Helens Gunst zu kämpfen, schließlich seien die beiden mehrere Jahre miteinander glücklich gewesen. Doch dazu kommt es nicht mehr: Im verkohlten Wrack ihres Sportwagen findet sich eine Leiche, die zwar nicht mehr explizit zu identifizieren ist, jedoch nur Helen sein kann.

Am Boden zerstört macht John, der als Alleinerbe nun selbst plötzlich reich geworden ist, erstmal eine Weltreise an all die Orte, die er mit Helen zu glücklicheren Zeiten besucht hat. Als er in die Villa zurückkehrt, findet er dort dann Lebenskünstlerin Christine (Christiane Krüger) vor, die das Haus für verlassen hielt. Eine ihrer Einnahmequellen: Sie spielt in illegalen Pornofilmen mit. Beim Konsum eines solchen glaubt John, seinen Augen nicht zu trauen: Eine andere Darstellerin, deren Gesicht die gesamte Zeit verschleiert ist, weißt die charakteristischen Merkmale Helens auf (Ring, Narbe) – und der Film soll erst vor einer Woche gedreht worden sein! Ist sie am Ende doch noch am Leben?

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„Hallo, hier spricht Edgar Wallace

Dafür, dass er als Edgar-Wallace-Film veröffentlicht wurde, ist Das Gesicht im Dunkeln ein sehr ungewöhnlicher „Psychothriller“. Der Todesfall/eventuelle Mord geschieht bereits in den ersten zehn Minuten – entsprechend effizient/gedrängt werden dem Zuschauer vorher die essentiellen Informationen zur Personenkonstellation vermittelt. Danach folgt dann nur sehr nebensächlich eine klassische Kriminaluntersuchung (erst gegen Ende kommt bei der Polizei (Günther Stoll) der Verdacht auf, Helens Auto hätte manipuliert gewesen sein können; also Mord).

Stattdessen darf Klaus Kinski alle Register ziehen: Neben tragischen Momenten aufgrund seines schmerzlichen Verlusts dürfen natürlich auch fiesere und gewalttätige Charakterzüge nicht fehlen. Diese gleich in mehreren Richtungen ambivalente Charakterisierung sorgt für die eigentliche Spannung des Films: Lebt Helen wirklich noch oder projiziert John seine Wünsche (oder auch Ängste, sofern er wirklich ein Mörder ist) auf diesen Sexfilm. Schließlich ist, als John ihn dann seinem Schwiegervater vorspielt, nichts mehr von Ring und Narbe zu sehen.

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Immer wieder wirft John den Super-8-Projektor an…

Völlig unabhängig davon, ob John seine Finger im Spiel hatte bei dem Autounfall ist er eine sympathische Figur. Seine Verzweiflung darüber, seine Frau an eine andere verloren zu haben, ist nachvollziehbar, und sympathisch wird er durch Assoziation: Während Helen der Sache mit großer Kälte begegnet, ihren Mann und ihren Vater mehr oder weniger also Hausangestellte abkanzelt, zeigt John positive Emotionen. Die „Schuld“ am Scheitern seiner Ehe sucht er nicht etwa bei Liz oder Helen, sondern bei sich selbst.

Filmisch bekommt man das alles in einem auf den ersten Blick etwas seltsamen Stilmix präsentiert: Einerseits spielt die Handlung in der Gegenwart (also Ende der 60er), was durch die Autos und die Szenen, die in der „Jugendkultur“ spielen (in denen Kinski wie ein Fremdkörper wirkt), deutlich zeigen. Andererseits werden stellenweise auch Stilmittel der viktorianischen (oder streng genommen „edwardischen“) Geistergeschichte eingesetzt: Die mondäne Villa mit ihren sich in alle Richtungen schwingenden Wendeltreppen ist natürlich geradezu ideal, um darin mit einem Armleuchter herumzulaufen oder bei gewittrigem Wetter vorzufahren. Darin zeigt sich dann doch nochmal der klassische „Wallace-Film“.

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…denn in der verschleierten Dame rechts glaubt er Helen zu sehen

Und doch weiß der Stilmix zu gefallen. Am stärksten sind gar nicht mal die (ebenfalls gelungenen) Emotionen oder die etwas dünne Handlung, sondern die langen Szenen, in denen völlig ohne Dialog gearbeitet wird. Ob nun Bildcollagen mit schnellen Schnitten oder einfach nur Abschnitte, in denen Klaus Kinski durch die Stadt streift – hier wird rein visuell erzählt, es werden immer relevante Informationen durch scheinbare Kleinigkeiten vermittelt. Und genau das zeichnet „filmisch“ gute Filme aus!

Dem damaligen Publikum gefiel es dagegen wohl nicht. Das Gesicht im Dunkeln gilt als Flop. Schade, das schloss dann wohl die Produktion ähnlich gelagerter weiterer Filme aus.

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