Vertrau keinem Fremden

Poster
Originaltitel:
Never Take Candy from a Stranger
Alternativtitel:
Never Take Sweets from a Stranger
Jahr:
1960
Eingetragen:
19.05.2012
IMDB-Wertung:
7,3/10
TMDB-Wertung:
7,2/10


Hannes schreibt:

Lucille (Frances Green) und Jean (Janina Faye), 9 Jahre alt, bekommen von Clarence Olderberry (Felix Aylmer) Süßigkeiten angeboten – wenn sie für ihn nackt tanzen. Sie selbst denken sich nichts dabei, doch Jeans Eltern, Sally (Gwen Watford) und Peter Carter (Patrick Allen), sehen das natürlich anders und wenden sich umgehend an die Polizei. Captain Hammond (Budd Knapp) rät jedoch von einer Anzeige ab. Schließlich sei ja „nichts passiert“ und sich als neu Hinzugezogene mit der alteingesessenen Familie Oderberry, die sich seit Generationen für die Stadt verdient gemacht hat, anzulegen, sei keine gute Idee.

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Doch die Carters lassen sich nicht von ihrer Absicht abbringen und so kommt es zum Prozess. Olderberry jr. (Bill Nagy) fährt für seinen Vater sämtliche Geschütze auf. Plötzlich möchte Lucille nicht mehr Aussagen (ihr Vater arbeitet in Olderberrys Sägewerk), die Akten der psychiatrischen Behandlung Olderberry sr. sind nicht einsehbar (das Sanatorium finanziert sich durch private Spenden) und Jean kann der Befragung durch den gewieften Anwalt (Niall MacGinnis) nicht lange standhalten. Schließlich muss auch der Staatsanwalt (Michael Gwynn) einsehen, dass der Fall juristisch hoffnungslos ist – Olderberry wird freigesprochen. Die Carters wollen nun die Stadt verlassen, doch am Abend vor ihrer endgültigen Abreise lauert Olderberry sr. den beiden Mädchen wieder im Wald auf…

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Das hätte sehr leicht schiefgehen können (siehe beispielsweise Der nackte Kuss, der die gleiche Thematik behandelt). Doch ein erzählerisch-struktureller Kniff macht die Sache gleichzeitig glaubwürdig und spannend: Die „Aufspaltung“ der Familie Olderberry in „Junior“ und „Senior“. Der Vater spricht im gesamten Film kein einziges Wort, auf eine Charakterisierung über seine Funktion (früherer Familien- und Dorfpatriarch, durch Alterssenilität gezeichnet) hinaus wird verzichtet. Die strukturelle Bedrohung und die zugehörigen Aktionen gehen von seinem Sohn aus. Letzterer wird entsprechend unsympathisch gemacht, aber für beide Rollen wird die Dämonisierung, die durch die Kombination entstanden wäre, vermieden. So bleibt der Stoff realistisch: Es handelt sich eben nicht um irgendwelche „Monster“, von denen die Bedrohung ausgeht.

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Zusätzlich positiv, im Sinne von „nicht negativ“ ist darüber hinaus zu erwähnen, dass die im Film auftretenden Kinder nicht den üblichen „Filmkinder“-Clichés entsprechen. D.h. sie nerven nicht. Auf Jeans Schultern insbesondere ruht natürlich einige Last, aber das funktioniert überraschend gut. Sie ist ausreichend naiv, freut sich erst sogar über die Aufmerksamkeit, die ihr im Rahmen des Prozesses zu Teil wird, aber auch verletzlich genug, wie es sich für ein kleines Kind nun mal gehört. Hier muss man natürlich bedenken, dass es 1960 keinesfalls selbstverständlich war, dass Kinder schon früh sexuell aufgeklärt wurden. Entsprechend ist ihre Rolle so angelegt – passt. Und die Darstellung der Dorfbevölkerung, die sämtlich und schon lange Bescheid weiß über die Vorlieben Olderberry sr., aber entweder still hält oder sogar „den Neuankömmlingen“ offen feindlich gegenübertreten, ist einfach zeitlos treffend.

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