Das Grauen kam aus dem Nebel

Poster
Originaltitel:
La morte risale a ieri sera
Alternativtitel:
Death Occured Last Night
Jahr:
1970
Eingetragen:
05.02.2013
IMDB-Wertung:
6,5/10
TMDB-Wertung:
6/10


Hannes schreibt:

Ein guter Titel kann einiges ausmachen. Mailänder töten nur Sonnabends hätte dieser Film entsprechend der Buchvorlage heißen sollen – das hätte man sich zumindest merken können! Dann hätten ganz nebenbei auf die zahlreichen Anspielungen in Dialogen und Monologen gegen Ende auf jenen Wochentag Sinn ergeben. Stattdessen kommt das austauschbare „Grauen“ ganz generisch „aus dem Nebel“. Toll. Was war jetzt nochmal Inhalt des Films?

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Mit seiner lebenslustige Tochter…
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…verschwindet aus Berzaghis Haushalt und Leben das Lachen.
Mit Nebel hat der auf jeden Fall nichts zu tun, mit Grauen eventuell schon (auch wenn dieser Begriff im Filmumfeld eher eine Konnotation mit dem Horrorgenre hat). Denn Donatella (Gillian Bray), fünfundzwanzig Jahre alt, aber geistig auf dem Stand eines Kleinkinds stehengeblieben, ist vor gut einem Monat verschwunden. Ihr Vater Amanio Berzaghi (Raf Vallone) kann sich den Hergang nicht erklären, denn die Wohnung war abgeschlossen und es waren keine Spuren eines Einbruchs zu finden.

Die zuständigen Polizeiermittler Lamberti (Frank Wolff) und Mascaranti (Gabriele Tinti) halten es für angebraucht, undercover im Rotlichtmilieu zu ermitteln. Tatsächlich findet sich schließlich eine Prostituierte (Beryl Cunningham), die von der „besonderen Kollegin“ gehört hat. Doch die bohrende Fragerei der beiden schlägt mehr Wellen als gedacht, so dass Donatella für die Entführer damit zu „heißer Ware“ wird. Ihre Leiche schwimmt kurz darauf in Fluss.

Für ihren Vater bricht eine Welt zusammen. Lamberti verspricht, die Mörder zu fassen, doch Berzaghi fallen zufällig andere Indizien in die Hand, die er den offiziellen Ermittlern vorenthält und stattdessen, getrieben von Rachegelüsten, selbst Nachforschungen anstellt. Beide „Parteien“ kommen nun auf unterschiedlichen Wegen den Tätern immer näher – doch wer wird sie zuerst erwischen?

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Lamberti & Mascaranti stellen einschlägige Nachforschungen an
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Trotz thematischer Ähnlichkeit vermeidet Das Grauen… den Absturz auf das typisch platte Niveau eines Bronson-Rachefilms. Allzu spekulative Szenen rund um das Kind im Erwachsenenkörper in der Zwangsprostitution werden geschmackvoll vermieden; stattdessen sind es primär die leiseren, wenn auch emotional desto intensiveren Szenen, die sich im Gedächtnis festsetzen. So wird sich beispielsweise Zeit genommen, als Berzaghi das Zimmer seiner Tochter ausräumt. Oder, im Bezug auf die Prostitution, als diverse „Betroffene“ wie auch deren Angehörige, die natürlich entweder „nichts geahnt“ haben oder sich „Einmischung in Privatangelegenheiten“ schärftens verbitten.

Gesellschaftliche Doppelmoral ist also ein tragender Faktor der Geschichte, was es umso befremdlicher macht, dass die erste größere Rotlichtmontage angedeutet humoristische Züge annimmt: Die Interaktionen der Polizisten mit den Dienstleisterinnen bedienen hier eher Voyeurismus und plumpe Clichés, was stimmungstechnisch so gar nicht passen will.

Gerettet wird der Gesamteindruck durch mit der Laufzeit steigende Ernsthaftigkeit und Intensität. Sehr positiv zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang die Leistungen der beiden Hauptdarsteller Wolff und Vallone; der eine realistisch zurückgenommen, der andere auf der emotionalen Achterbahn (und trotzdem ohne dabei albern zu übertreiben). Bis auf erwähnte Montage wird hier nichts für den reinen Effekt inszeniert; stattdessen geht es um Charaktere, die menschliche Schwächen haben. Ungewöhnliches (und höchst willkommenes) Kontrastprogramm zum üblichen italienischen Krimistoff.

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