Die Flucht

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Originaltitel:
Die Flucht
Jahr:
1977
Eingetragen:
30.10.2021
TMDB-Wertung:
8,5/10


Hannes schreibt:

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Idealist im Einsatz
Republikflucht als Thema eines staatstreuen DDR-Films? Mit überraschender Offenheit verhandelt Die Flucht die Ansinnen Dr. Schmidts (Armin Mueller-Stahl), das Land illegal in Richtung Westen zu verlassen. Er fühlt sich in einer beruflichen Sackgasse. Seine Forschungsinitiativen, echte Herzensangelegenheiten zum Wohle der Menschheit, werden abgeblockt. Im Westen dagegen lockt eine gute Stellung. Das Verhältnis mit seinem Vater ist ohnehin zerrüttet und weitere Familie hat er nicht.

Der Film erzählt all dies, ohne Schmidt unsympathisch zu machen. Seine Beweggründe sind nachvollziehbar. Die Mühlen der DDR-Bürokratie werden verhältnismäßig schonungslos angedeutet. Die Sehnsucht nach dem (eingebildeten oder echten) Luxus des Westens nicht ausgespart. Dass Schmidts Probleme auch mit seiner erklärt unpolitischen Haltung zusammenhängt, ihm Betätigung in den Gremien nahegelegt wird, wird sogar explizit thematisiert. Für seine existenziellen Sorgen findet er weder im privaten, noch im beruflichen Umfeld einen Ansprechpartner, dem er vertrauen könnte. Man könnte also alles in allem von einem bemerkenswert progressiven, selbstkritischen Film, der in Besetzung und Inszenierung alle Kriterien einer großen Prestigeproduktion erfüllt, sprechen.

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Sehnsüchter Blick zur Grenze
Der dann aber andererseits doch die staatlichen Stellen zufrieden stellen musste. Im Verlauf wird Schmidts Dilemma, seine Rolle in dieser Gesellschaft zu finden, in zwei andern Charakteren gespiegelt. Einerseits dem Karrieretypen Zeiske (Winfried Glatzeder), der mit sich und seinem Umfeld mehr als im Reinen ist. Andererseits dem dem Frauenarzt Wendt (Volkmar Kleinert), der während eines Urlaubs in Ungarn nach Östtereich zu kommen versucht, scheitert, dann aber „feige“ alles auf seine Frau schiebt. So weit alles im Rahmen eines normalen dramaturgischen Konflikts, wie er überall hätte produziert werden können.

Doch im letzten Teil kommt die linientreue Moral dann doch mit dem Holzhammer. Die Westschleuser stellen sich als profitgeile Egoisten, die selbst vor Erpressung und Totschlag nicht zurückschrecken, heraus. Schmidts neue Liebe (Jenny Gröllmann) hat kein Interesse, ihre Heimat aufzugeben. Ein Teufelskreis, aus dem Schmidt nicht mehr entrinnen kann. Er hätte es niemals versuchen sollen. Film- wie gesellschaftshistorisch hochinteressant!

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