Nocturnal Animals

Poster
Originaltitel:
Nocturnal Animals
Jahr:
2016
Eingetragen:
23.01.2017
IMDB-Wertung:
7,5/10
TMDB-Wertung:
7,4/10


Hannes schreibt:

Susan Morrow (Amy Adams) geht's eigentlich gut. Schönes Haus, repräsentativer Ehemann (Armie Hammer)… sicher, die Kunstgalerie könnte etwas besser laufen, aber eigentlich kein Grund zur Beschwerde. Trotzdem ist sie unglücklich. Doch warum, das erkennt sie erst durch ein unerbetenes Paket ihres ersten Ehemannes Edward (Jake Gyllenhaal). Es enthält sein endlich verlegtes Buch, das mit einer Widmung und Danksagung an sie beginnt.

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Zweifelhafte Ehre

Dieses Buch, das Susan in ihren einsamen Nächten, in denen ihr aktueller Ehemann sich auf Geschäftsreise befindet (und sich anderweitig vergnügt) verschlingt, erzählt von Tony (ebenfalls Gyllenhaal), einem Familienvater, der mit einer Gruppe Krimineller (Aaron Taylor-Johnson, Karl Glusman und Robert Aramayo) aneinandergerät, die nach einer Nacht voller Angst seine Frau (Isla Fisher) und seine Tochter (Ellie Bamber) erst vergewaltigen und dann ermorden. In den folgenden Jahren ist Tonys Leben nur noch durch das Verlangen nach Rache bestimmt. Durch einen tödlich erkrankten Polizisten (Michael Shannon), der nichts mehr zu verlieren hat, bekommt er ganz persönlich die Gelegenheit, diese abseits des Rechtsstaats zu nehmen.

Diese plakativen Themen gerade in der Story in der Story (Vergewaltigung, Mord, Rache), aber auch in der Rahmenhandlung (betrogene Ehefrau, die den Schein aufrecht zu halten versucht), hätten leicht nach hinten losgehen können. Doch Nocturnal Animals gelingt das kleine Wunder, trotzdem nicht nur Plattheiten abzufeiern.

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Der Tod im Rückspiegel

Das liegt zum Einen an Adams, oder eventuell sogar der Person, die für ihr Makeup verantwortlich war. Die junge Studentin nimmt man ihr in den Rückblenden (genau wie Gyllenhaal) zwar nicht mehr ab. Andersherum schafft sie es aber in einigen Szenen, völlig unglamourös, erschöpft, ausgezehrt und einfach nur alt auszusehen. Was natürlich ihren mentalen Zustand reflektiert.

Zweitens ist die Reflektion der „wahren“ Geschichte durch die fiktive cleverer als auf den ersten Blick gedacht. Vorgeblich tut Edward nämlich genau das, was ihm Susan in ihrer gemeinsamen Zeit immer vorgeworfen hat: Er schreibt über sich selbst, seinen eigenen Schmerz des Verlustes usw. Doch die vordergründige Charakterisierung, die einem der Film durch seine Besetzung (gleicher Schauspieler in einem Fall, optische Doppelgängerin in einem anderen) nahelegt, ist eben nur die halbe Wahrheit.

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Bedeutungsschwangere Beschriftung

Tatsächlich findet sich in der Rachegeschichte Susan gleich mehrfach wieder. In ihrer ganzen inneren Zerrissenheit; inklusive ihrer (selbst-) destruktiven Seite. Denn darin liegt überhaupt erst das eigentliche Interesse: Susan ist schließlich die Protagonistin der Geschichte, also ist ihre Charakterisierung essentiell.

Die Erkenntnis stellt sich aber nur durch genaues Beobachten ein. Beispielsweise, wenn einem auffällt, dass Edward überhaupt nur in ihren Erinnerungen vorkommt, also subjektiv verzerrt. Oder wenn man nicht nur auf Gesichter, sondern auch auf Kleidung und Schmuck schaut. Solche kleinen Subtilitäten und erzählerischen Kniffe, helfen, die Aufmerksamkeit des Zuschauers zu fesseln, so sie denn – wie hier – nicht zu undurchschaubar gestaltet sind. Da hat ausnahmsweise tatsächlich mal jemand das richtige Niveau getroffen.

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