Hannes schreibt:
Wieder mal ein Film, der in der deutschen Bürokratenkultur schwierig nachzuvollziehen ist. Denn wenn Ann Lake (Carol Lynley) das Verschwinden ihrer Tochter Bunny (Suky Appleby) aus dem neuen Kindergarten bei der Polizei (Laurence Olivier) zur Anzeige bringt, und schließlich Zweifel an Bunnys Existenz aufkommen, dann sollte man meinen, dass die unterstützende Aussage ihres Bruders Steven (Keir Dullea) unnötig sein sollte. Man hat schließlich eine Geburtsurkunde usw. usf., oder? Aber, gut, Suspension of Disbelief und so.Es ist auch nicht gesteigert wichtig, denn letztlich beschäftigt sich Bunny Lake weniger mit dem eventuellen Kriminalfall, als der Psyche diverser Figuren. Natürlich der Anns, die (eventuell) allein erziehende Mutter (unerhört Mitte der 60er Jahre!), deren Mann nicht etwa gestorben ist, sondern sie wollte den Kindsvater einfach nicht heiraten. Die schon als Kind eine imaginäre Freundin namens „Bunny“ hatte. Und sich nun eventuell durch ein Trauma eine Tochter einbildet? Oder die ältliche Direktorin des Kindergartens (Martita Hunt), die in ihrem Dachzimmer sitzt, wo sich nur wenige Kinder trotz Verbots manchmal hinwagen, und die wirre Geschichten fraglicher Wirklichkeit erzählt. Nicht zu vergessen Anns Vermieter (Noël Coward), dessen düstere Wohnung voller SM-Utensilien ist, dies mit seiner Tätigkeit für die BBC begründet (?), der sich Ann und Steven gegenüber mehr als distanzlos verhält und darauf besteht, keine Kinder im Haus haben zu wollen.
Dass die Auflösung des Mysteriums schließlich zu reiner Küchenpsychologie verkommt, ist in diesem Kontext zu verschmerzen. Die extremsten Auswüchse (Stichwort: „Maulbeerbaum“) mag man je nach Stimmung als lächerlich oder folgerichtig empfinden. Einen Anspruch an jegliche Realität ist an diesem Punkt besser längst hinter sich gelassen. Die Konsequenz, mit der Altmeister Otto Preminger klassische Spannungsszenen immer und immer wieder bricht (wie in genannter Szene), ist so oder so bewundernswert.
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