Hannes schreibt:
Schön, dass im Rahmen des Revivals des Hammer-Namens auf deren Tradition derer Psychothriller wieder aufgenommen wird. Waren diese doch teilweise besonders sehenswert, wenn auch heutzutage leider weniger präsent in den Gedächtnissen. Und man muss es den Namensverwertern lassen: Sie wissen, wie sie ihre Zielgruppe einfangen. Die Nostalgiecredits im Marvel-Stil springen einem dabei förmlich ins Bewusstsein, während der Vorspann mit labyrinthischen Gebäudekomplexen da schon subtiler den Retro-Stil bedient.Inhaltlich bewegt man sich ebenfalls auf angenehm bekanntem Freud'schen Territorium. Hausbesitzer Max (Jeffrey Dean Morgan) wirkt zwar auf den ersten Blick wie ein toller Fang (gutaussehend, hilfbereit, romantisch…), ist aber tatsächlich nur ein gehemmtes Weichei. Mit Ärztin und Neumieterin Juliet (Hilary Swank) kommt es zu vorsichtigen Annäherungsversuchen, deren zarte Keime aber von ihr bereits wieder im Keim erstickt werden. Was bei ihm zu einer emotionalen Überreaktion führt, die ihn Schreckliches tun lässt.
Wobei er, und darin liegt die erste Wendung er Erzählung, auch schon vorher nicht besser war. Dies wird inszenierungstechnisch clever in Szene gesetzt: Immer wieder wird Swank einem derart aufdringlichen, penetrant voyeuristischem „male gaze“ ausgesetzt, dass es auf Zuschauerseite bereits höchst unangenehm, da unausweichlich komplizenhaft wird. Was allerdings einen Sinn verfolgt, wenn die gleichen Szenen später nochmals aus anderer Perspektive wiederholt werden. Diesbezüglich verschießt der Film sein Pulver eventuell etwas zu früh, trotzdem wirkt es bis dahin hervorragend. Stilistisch tritt daraufhin relativ nahtlos das nächste Highlight in die entstandene Lücke: Das Haus selbst übernimmt die Hauptrolle. Mögen sich die Wohnräume noch so schön renoviert zeigen, so ist das Innere des historischen Gebäudes durchzogen von Gängen, die wie Adern durch einen lebendigen Organismus laufen.
Die damit durchgehend gelungene Inszenierung kann jedoch leider nicht vollständig über den allzu konventionellen Inhalt hinwegtäuschen. Hammer-Veteran Christopher Lee wurde offensichtlich nur aufgrund seines Namens gebucht – eine wirkliche Funktion bekommt seine Figur des dominanten Großvaters Max' nicht. Eine gute Szene hat er immerhin, wenn er seine Motivation der Willkommensgeschenke an Juliet erklärt. Hieraus hätte eine gute Tangente entstehen können. Warum nicht Max samt Großvater Juliet einladen lassen zum Essen und der Abend entwickelt sich derart, dass irgendwann Lee und Swank miteinander lachen und scherzen, während Max schmollend stumm danebensitzt, um die aufgestaute Aggression seines Charakters weiter zu füttern?
Doch über einen Film zu philosophieren, den es nicht gibt, ist müßig. Mehr Potential wäre fraglos dagewesen. Ebenso fraglos ist der tatsächlich gedrehte Film aber auch ganz unterhaltsam, wenn das Niveau des wahrlich fesselnden Einstiegs auch nicht ganz gehalten werden kann.
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