Der Mann, der zweimal lebte

Poster
Originaltitel:
Seconds
Jahr:
1966
Eingetragen:
28.12.2020
IMDB-Wertung:
7,7/10
TMDB-Wertung:
7,3/10


Hannes schreibt:

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Das alte Leben ist ein einziges Chaos
Arthur (John Randolph), tief in der Midlife-Crisis, ist entsprechend unzufrieden mit seinem Leben. Langweilige Routine in der Bank, langweilige Routine in der Ehe. Aus dem Nichts meldet sich ein früherer Bekannter (Murray Hamilton), der behauptet, vor 20 Jahren ein komplett neues Leben begonnen zu haben. Neues Aussehen, neue Identität, neuer Freundeskreis. Er vermittelt Arthur an die gleiche Organisation. Als Tony Wilson (Rock Hudson), berühmter Maler, wird er wieder auf die Welt losgelassen. Tatsächlich fehlendes Talent? Kein Problem, die „neuen“ Kunstwerke werden regelmäßig in das mondäne Strandhaus angeliefert. Der Hausdiener organisiert den Tag und auch die Abendunterhaltung, inklusive Partys. Selbst eine neue Liebschaft (Salome Jens) scheint sich zu eröffnen.

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Das neue aber auch nur oberflächlig besser
Doch natürlich befinden wir uns im Moralkino der 60er Jahre und so geht der faustische Deal natürlich nach hinten los. Arthur/Tony erkennt die Leere seiner neuen Existenz. Da er nur in seiner falschen Identität handeln darf, kann er mit niemandem wirkliche Unterhaltungen führen, denn er hat nichts zu erzählen. Er hat keine Erfahrungen zu teilen, kann seine wahre Persönlichkeit niemals preisgeben. Er ist nur noch, wie er erkennen muss, von ebensolchen Kunden der Organisation umgeben, also praktisch ebenso entkernten Darstellern, die Rollen spielen. Und von Mitarbeitern der Organisation, die alles überwachen. Eine Rückkehr in sein altes Leben ist allerdings ebensowenig möglich.

Was Seconds also vorführt, ist die alte, aber meisterhaft inszenierte und geschriebene Geschichte der zu späten Selbsterkenntnis. Identität ist mehr als Aussehen und Geld. Persönlichkeit lässt sich nicht einfach ändern. Vergangenheit lässt sich nicht einfach auslöschen. Menschliche Nähe entsteht jedoch durch all jene Werte. Auf der anderen Seite, verkörpert durch die verschwörerische Organisation, wartet die kapitalistische Verwertungsgesellschaft, die einem Glück und Erfüllung aller Träume vorgaukelt, aber schließlich gnadenlos die Verwirrten im wahrsten Wortsinne zerpflückt und aufzehrt. Wenn man sich einmal in die Fänge dieser Maschinerie begibt, sei es bereits zu spät. Puh, hart, aber eine gewisse Wahrheit kann man dem nicht absprechen.

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