Mord im Orient Express

Poster
Originaltitel:
Murder on the Orient Express
Jahr:
2017
Eingetragen:
29.01.2021
Bearbeitet:
30.03.2022
IMDB-Wertung:
6,5/10
TMDB-Wertung:
6,7/10


Hannes schreibt:

Spätestens seit der austauschbaren Inszenierung von Thor muss auch dem letzten Fan klar sein, wie es um das einstige Regiewunderkind Kenneth Branagh bestellt ist. Dass er sich nun Mord im Orientexpress annahm, spätestens seit der 70er-Jahre-Verfilmung der Inbegriff des Prestigestoffes, kann man so oder so sehen. Auf jeden Fall ist es jedoch eine besonders risikolose Projektauswahl, denn mit dem bekannten Namen und einem Starensemble kann wohl wenig schief gehen an der Kinokasse.

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Jenes Ensemble setzt sich unter Anderem aus Penélope Cruz, Willem Dafoe, Judi Dench, Johnny Depp, Josh Gad, Derek Jacobi, Leslie Odom Jr., Michelle Pfeiffer und Daisy Ridley zusammen, bietet also eine durchdachte Mischung aus Generationen und Filmgeschmäckern sowie perfekt ausbalanciert im Bezug auf Political Correctness nach US-Geschmack. Und natürlich, wie könnte es anders sein, Branagh selbst in der Hauptrolle.

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Branaghs Ego kommt der Qualität des Films dann auch teilweise in die Quere. Als Regisseur macht er Einiges aus dem kammerspielartigen Stoff. Der Blick durchs Zugfenster am Abfahrtsbahnhof bringt Dynamik ins Spiel. Die Vogelperspektive zeigt die Beengtheit des Zuges. Selbst die Inszenierung von Prügeleien gelingt unter Berücksichtigung des besonderen Schauplatzes (wobei die Existenz dieser Prügelszenen wohl ein unnötiges Zugeständnis an die angenommene heutige Zuschauerschaft ist). Einzig gegen Ende, wenn er die große Auflösungsszene aus den Zug hinaus verlegt, verlässt den Regisseur seine Selbstsicherheit – unnötigerweise.

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Was allerdings seine Rolle als Protagonist angeht, gehen die Dinge unschön mit ihm durch. Mit nicht zu verhehlender Eitelkeit gibt Branagh den Poirot als obsessiven Pfauen. Höchst zeitgeistig, aber trotzdem seit der Sherlock-TV-Serie schon wieder ein alter Hut. Schlimmer noch, er nutzt seine Doppelfunktion insofern aus, dass er neben sich anderen Figuren keinerlei Entfaltung gestattet. Da sind all diese Schauspielgrößen, aber ihnen wird keinerlei Raum gegeben, weil Branagh zu beschäftigt ist, sich selbst in Szene zu setzen.

Das geht so weit, dass er Poirot selbst eine tragisch verflossene Liebesgeschichte andichtet, die dann aber doch weder plottechnisch, noch menschlich zu irgendetwas führt. Und apropos: War die Geschichte, wie Frau Christie sie geschrieben hat, nicht moralistisch und melodramatisch genug? Musste das alles nochmal um Faktor 5 multipliziert werden?

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