Sie sind verdammt

Poster
Originaltitel:
The Damned
Alternativtitel:
These are the Damned
Jahr:
1961
Eingetragen:
28.02.2012
Bearbeitet:
10.02.2013
IMDB-Wertung:
6,6/10
TMDB-Wertung:
6,2/10


Hannes schreibt:

Joan (Shirley Anne Field) hat in der Halbstarkengang ihres Bruders „King“ (Oliver Reed) eine ganz besondere Rolle: Sie schleppt in Cafés einsame, vorzugsweise ältere Herren ab, die dann in einer dunklen Seitengasse zusammengeschlagen und ausgeraubt werden. Ihr neuestes Opfer, Simon (Macdonald Carey), ist eigentlich sehr sympatisch. Simon und Joan wollen gemeinsam abhauen, doch King ist ihnen auf den Fersen.

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Oliver Reed: Rebel without a cause

So verschlägt es sie alle auf eine Insel, die anscheinend nur von einer Gruppe Kinder bewohnt wird – und das auch noch unterirdisch. Sie sind äußerlich menschlich, jedoch Kaltblüter. Ihr einziger Kontakt mit anderen Menschen geschieht über Video. Denn, wie sich herausstellt, sind die Kinder das Ergebnis eines Experiments zum Überleben nach dem atomaren Fallout: Ihnen kann Radioaktivität nichts mehr anhaben. Dafür ist für andere Menschen jedoch ein Kontakt mit ihnen tödlich – was die gerade angekommenen Erwachsenen jedoch erst schmerzlich am eigenen Leib erfahren müssen.

Im Kielwasser von Dorf der Verdammten versuchte sich Kunstfilmer Joseph Losey an einem sehr ähnlichen Thema – unter der Produktionsknute der Hammer-Studios. Herausgekommen ist ein in vielerlei Hinsicht inkonsistenter Film.

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Das kann nicht menschlichen Kontakt ersetzen

Da wäre einmal der in Tonfall und Inhalt völlig vom Rest abweichende Anfang; ein platter West Side Story-Verschnitt, der einfach kein Ende nehmen will. Da muss man sich erstmal durchkämpfen – und die am schwierigsten zu verdauende Erkenntnis ist, dass dieser ganze Kram auch völlig unnötig ist: Joan und Simon hätten auch einfach auf einer nicht näher erklärten Bootstour in einen Sturm geraten und auf der Insel landen könnten.

Doch es lohnt sich, denn die thematische Tiefe steigt dort angekommen sprunghaft: Plötzlich geht es um Menschlichkeit und Forschungsmoral, mit einem gehörigen Schuss äußerst moderner Horrorelemente. Dabei werden manche Rollen mit der Zeit immer ambivalenter. Natürlich sind die Kinder primär „arme Opfer“, aber die in das Projekt verwickelten Forscher stellen sich dann langsam als nicht ganz so gewissenlos heraus, wie Joan und Simon erstmal denken, als sie die Kinder zu „retten“ (befreien) gedenken.

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Man beachte den geschickt platzierten Bären

So mausert sich Sie sind verdammt langsam aber sicher zur griechischen Tragödie: Die Kinder sind auf sich allein gestellt nicht überlebensfähig in der „normalen Welt“, die „Retter“ sind allesamt tot oder liegen im Sterben (und haben darüber hinaus eine tödliche Gefahr auf die Welt losgelassen) und die Wissenschaftler haben eine ungemeine moralische Schuld auf sich geladen – für nichts, da ihr Lebenswerk zerstört ist.

Bliebe noch, die Horrorelemente zu erklären. Hier tauchen keine Monster oder (als solche erkennbare) Mutanten auf. Doch zur Entstehungszeit kam gerade eine neue Art des Horrors auf: Die kalt-metallische und völlig sterile Umgebung, in der die Kinder ihr Dasein fristen, ihr Tag geregelt durch Lautsprecherdurchsagen und immer in der Angst, doch von Männern in Strahlenschutzanzügen zwecks weiteren Experimenten abgeholt zu werden, können es einem schon kalt den Rücken herunterlaufen lassen. Und das macht es eben modern: Der Grusel liegt in der Struktur, die der eigenen Lebenswelt des Zuschauers doch viel näher liegt, als irgendwelche Tentakelmonster, die aus dem See kommen und für Mord und Totschlag sorgen…

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