Hannes schreibt:
H.P. Lovecraft – Lieblings- und gleichzeitig Hassautor diverser Filmemacher. Immer wieder verfilmt, aber kaum jemals „so richtig“. Und in jene Kategorie fällt auch Voodoo Child, auch wenn der (Original-) Titel der zugrundeliegenden Geschichte immerhin ausnahmsweise mal beibehalten wurde.In jener geht es um die der Dorfbevölkerung suspekten Ereignisse rund um die „degenerierte“ Familie Whateley. Deren letzter männlicher Nachkomme ist ein gewisser Wilbur, der noch nicht mal im Teenageralter angekommen ist, jedoch bereits 2 Meter Körpergröße übersprungen hat, entsprechenden Bartwuchs zeigt und auch geistig und bildungstechnisch den Stand eines „gelehrten Erwachsenen“ erreicht hat. Wilbur ist, wie sich später, als er nach der Hälfte der Geschichte stirbt, herausstellt, nur ein halber Mensch, was daran liegt, dass sein Vater einer der üblichen Lovecraft'schen „Großen Alten“ ist, bösartige alte Götter, die ihre Rückkehr auf die Erde anstreben. Wilburs Bruder, ein „unbeschreibliches“ Glibbermonster, das bereits so riesig ist, dass das gesamte Haus der Familie entkernt werden musste, sorgt dann in der zweiten Hälfte für Angst und Schrecken.
In diesem gleichnamigen Film sind die meisten dieser Dinge jedoch bestenfalls zu erahnen. Einen Wilbur Whateley (Dean Stockwell) gibt es, doch äußerlich könnte er uninteressanter (d.h. durchschnittlicher) kaum sein. Er verhält sich „irgendwie seltsam“, aber keinesfalls „außerweltlich“. Wie in Lovecrafts Geschichte versucht er sich das Necronomicon aus der von Dr. Armitage (Ed Begley) geleiteten Universitätsbibliothek zu besorgen, da er darin die Beschreibung eines für seine Zwecke wichtigen Rituals vermutet.
Und hier wird es dann endgültig sinnlos: In der Bibliothek arbeitet eine gewisse Nancy (Sandra Dee), die Wilbur zu einem „Date“ überredet und dort einer Gehirnwäsche (?) unterzieht, so dass sie gleich mehr oder weniger bei ihm einzieht. Sie soll irgendeine Opferrolle (?) bei dem Ritual, das die Großen Alten zurückbringen soll, spielen. Armitage, Nancy Freundin/Kollegin (Donna Baccala) und der Dorfarzt (Lloyd Bochner) versuchen sie zu retten.
Aus der hochparanoiden Geschichte Lovecrafts wird also eine dümmliche Kidnappingstory inklusive einer „Damsel in Distress“, die so wenig charakterisiert und vorgestellt ist, dass ihr Schicksal dem Zuschauer gleichgültig bleibt. Die Figur Wilburs ist wie dargestellt ebenfalls jedem Interesse beraubt. Das Monster bekommt man überhaupt niemals zu sehen: Völlig ohne Erklärung meuchelt es zwar ein paar Personen bevor das Ritual überhaupt stattfindet (?), jedoch bedient man sich dabei der klassischen Methode, die Opfer einfach „entsetzt“ in die Kamera glotzen zu lassen und sie dann perspektivisch zu „überfahren“.
Dabei sind nicht alle Änderungen gegenüber der Vorlage notwendigerweise schlimm. So leben im Film Wilburs Mutter (Joanne Moore Jordan) und Großvater (Sam Jaffe) noch und haben auch leicht andere Rollen. Die passen jedoch durchaus – hätte man nur irgendetwas draus machen müssen, anstatt sie nur sinnlos einzuführen und anschließend nicht mehr zu verwenden. Es passiert einfach herzlich wenig, die Charaktere bieten keinerlei interessante Ecken und Kanten und von Spannung oder Stimmung kann keine Rede sein. Voodoo Child lässt sich durch ein einziges Attribut zusammenfassen: langweilig.
Man muss sich also mal wieder fragen, warum Produzenten, Regisseure und Darsteller immer wieder auf Lovecraft zurückkommen. Sein häufigstes Stilmittel ist es, etwas als „unbeschreiblich“ und „unaussprechlich“ zu bezeichnen oder, wenn er dann doch mal etwas beschreibt, dann sind die Formen „entgegen jeder Logik“ und „nicht erfassbar“. In einer geschrieben Geschichte geht sowas. Doch in einem Film ist man gezwungen, irgendetwas zu zeigen – und kann niemals auch nur ansatzweise den gleichen Effekt erreichen, wie diese Worte. Vielleicht müsste die Menschheit als Ganzes einfach mal einsehen, dass manche Geschichten und Erzähltechniken nun mal nur in einem Medium funktionieren (bzw. überhaupt möglich sind)…
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