Hannes schreibt:
Es gibt Filme, bei denen einem die auf den Punkt gebrachte Inhaltsangabe schwerfällt. Dies ist so einer. Erstens passieren (vor allem in der ersten Stunde) viele Dinge, die scheinbar ohne großen Zusammenhang sind und deren Nacherzählung entstrechend langwierig und fruchtlos wäre. Andererseits würde man eventuell, wenn man rückblickend schreibt und so versucht ist, nur besonders zentrale Szenen auszuwählen, bereits zu viel verraten über eine Film, der stark vom Mysterium und Überraschungen lebt.Silvia versteckt sich hinter der Kommode im Kinderzimmer
D.h. entweder dreht sie langsam durch oder aber das Gerede über Voodoo in ihrem Umfeld ist eben doch nicht nur Gerede. Wichtiger als diese Frage ist für den Zuschauer jedoch, was das alles bedeutet. Und da konkrete Antworten nicht gegeben werden, muss man interpretieren (und damit beginnen nun die möglichen „Spoiler“).
Das kleine Mädchen (im „unbefleckten“ weißen Kleid) ist natürlich Silvia selbst. Ihr Vater war anscheinend Kapitän und entsprechend selten zu Hause. Ihre Mutter hatte entweder eine Affäre mit dem Mann (Orazio Orlando), sie arbeitete als Prostituierte oder sie wurde vergewaltigt – leider nicht klar. Silvia ist als Kind in diesem Moment in den Raum gekommen, wurde eventuell ebenfalls von dem Mann belästigt und hat ihn bewaffnet zur Wehr gesetzt. Silvia macht sich darüber hinaus Vorwürfe, für den Selbstmord ihrer Mutter, der kurz nach diesem Ereignis geschah, verantwortlich zu sein.
Später wird sie selbst zur Frau im schwarzen Kleid (zumindest in zweien der Spiegelbilder)
Ihre Beziehung zu Freund Roberto (Maurizio Bonuglia) geht nicht tief genug, solche Themen verständlich zu kommunizieren und eventuell Hilfe zu bekommen. So bleibt Silvia nur die Flucht ins Übersinnliche, wie die Wahrsagerin (Nike Arrighi), zu der ihre Freundin Francesca (Donna Jordan) sie schleppt. Das macht sie jedoch nur noch verrückter und sie rutscht noch weiter in ihre eigene Traumwelt ab.
Was dann gegen Ende passiert, ist angesichts der vorher sehr langsamen Entwicklungen und Enthüllungen dann desto schockierender: Plötzlich kommt es zu immer brutaler werdenden Morden und einem wirklich (positiv) ekelhaften Finale, das in einem so krassen stilistischen Gegensatz zum Rest des Films steht, das es erstmal tief im Gedächtnis bleibt. Doch diese Effekte spielen sich dann leider wirklich nur noch auf rein ästetischer Ebene ab. Was davon noch Wirklichkeit und was Traum/Einbildung ist, ist nur noch reine Spekulation; Aussagen oder Antworten lassen sich also kaum mehr ableiten.
Eine abgeschlossene Geschichte darf man also nicht erwarten. Der Film versucht, eine verstörte Psyche erzählerisch und optisch, als als Gesamteindruck, zu transportieren. Dass das nicht völlig „klar“ möglich ist, ist nur logisch. Entsprechend unbefriedigend kann das Erlebnis eines solchen Films sein – aber eben auch das genaue Gegenteil auslösen. Das hängt jedoch weniger von den messbaren Kriterien, die der Film selbst erfüllen kann, ab, sondern vielmehr dem Nährboden, den der Zuschauer selbst für die unterschwellige Symbolik, die in scheinbar erstmal sinnlosen Szenen wie den zahllosen identischen Kleidern, die Silvia aus dem Paket des Mädchens zieht, steckt, bietet.
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