Planet des Grauens

Poster
Originaltitel:
Vicious Lips
Jahr:
1986
Eingetragen:
24.07.2013
Bearbeitet:
26.07.2013
IMDB-Wertung:
4,6/10
TMDB-Wertung:
4,7/10


Hannes schreibt:

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Auftritt im Rotlichtviertel
Reach for Your Dreams ist das Motto des Films, das passenderweise bereits während des Vorspanns akustisch eingängig verkündet wird. Der Themenfilm der Generation Casting? Nein, es geht um einiges absurder und damit realistischer vor sich als in der Kunstwelt einschlägiger Fernsehshows: Maxine Mortogo (Mary-Anne Graves), Besitzerin des angesagten Clubs Radioactive Dream sucht für den nächsten Abend noch eine Aushilfsband und so wendet sie sich an Matty Asher (Anthony Kentz), den windigen Manager der „Vicious Lips“. Per Zufallsprinzip. So beginnen Karrieren!

Den Vicious Lips ist jedoch gerade die Leadsängerin (Angela O'Neill) abhanden gekommen. So greift sich Matty das erstbeste Mädchen einer Highschooltalentshow. Judy Jetson (Dru-Anne Perry) bekommt eine Perücke, um ihren braven Provinzcharme zu überdecken, sowie einen neuen Künstlernamen: Damit keine neuen Plakate gedruckt werden müssen, soll sie sich einfach in Anlehnung an ihre Vorgängerin „Ace Lucas“ nennen.

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Neue Sängerin…
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…im eingespielten Team
Ein Testauftritt in einem kleinen Provinzclub läuft akzeptabel, doch Maxines Club befindet sich am anderen Ende der Galaxie. So „organisiert“ Matty schnell ein abgetakeltes Raumschiff; eigentlich handelt es sich dabei um einen Gefangenentransporter, in dessen Frachtraum eingesperrt sich ein Massenmörder befindet. Da die Zeit knapp wird, wählt Matty die Abkürzung durch die verbotene Zone. Hier gerät das Schiff in einen Meteoritensturm und stürzt auf einem Wüstenplaneten ab…

…und damit fällt der Film offiziell in sich zusammen. Bis zu diesem Punkt war Vicious Lips ein musikalisch-optisches Feuerwerk, praktisch ein 25-minütiger Videoclip. Selbst wenn gerade mal kein Bandauftritt abgefilmt wurde, hörte man trotzdem immerhin jaulende Gitarren im Hintergrund während poppige Kostüme und bunt ausgeleuchtete Simpelkulissen optisch für gute Laune sorgten. Was nun allerdings folgt ist… absolut nichts!

Der durch den Crash befreite Mörder ist irgendwie im Raumschiff unterwegs, Matty stolpert auf der Suche nach Hilfe durch die Wüste und die im Schiff zurückgebliebenen Frauen zicken sich gegenseitig an: Judy/Ace versucht Anschluss in die eingeschworene Gruppe zu finden, Mandoa (Shayne Farris) projiziert jedoch ihre Abneigung gegen Ace I. auf ihre Nachfolgerin, Wynzi (Linda Kerridge) betäubt ihre Selbstwertprobleme mit Drogen und Bree (Gina Calabrese)… ist ebenfalls anwesend.

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Gefährliche…
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…und angenehmere Begegnungen
Das sinnlose Herumgeeier mündet schließlich in etwas, was wohl einen surrealen Albtraum Judys darstellen soll, in dem sie unter anderem von bösartigen Versionen aller anderen Charaktere verfolgt wird, während Matty sich gleichzeitig zwei nackte Frauen (Jacki Easton Toelle und Tanya Papanicolas)) herbeihalluziniert… und plötzlich befinden sich alle in Maxines Club, rechtzeitig zu ihrem großen Auftritt, den die Band dann ohne ihre bunten Perücken und übertrieben Kostüme bestreitet (aber: Wir befinden uns schließlich in den tiefsten 80er Jahren, also ist voriges relativ zu interpretieren). Symbolisch also: Sie haben nun allesamt durch diese metaphorische Reise zu sich selbst gefunden und müssen sich nicht mehr hinter kostümierten Kunstfiguren verstecken.

Es ist wohl so gemeint, dass vieles, was zwischendurch passiert „nur ein Traum“ ist: Judy fällt bereits bei ihrem ersten Treffen mit Matty in Ohnmacht, wacht dann wieder auf und befindet sich bereits in Maxines Club. Die Reise, die Konflikte mit den Kolleginnen – alles ihre unterbewussten Ängste bezüglich Akzeptanz und Anerkennung. Oder der Einstiegspunkt in die Fantasiewelt ist, als sie ungewohnte Drogen ausprobiert. Doch all dies sind ehrlich gesagt wahrscheinlich schon viel zu ausführliche Überlegungen über ein Drehbuch, das beispielsweise Matty Judy gegenüber bereits von dem großen Auftrittsangebot sprechen lässt, bevor er selbst zwei Szenen später erst davon erfährt.

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Keine hohe Filmkunst
Vielmehr ist dies einfach ein Musikfilm, um den man eine (nicht notwendigerweise sinnhafte) Minimalhandlung gestrickt hat. Sowas ist in der Filmhistorie gut etabliert, nur ist es normalerweise das Vehikel bekannter Musikgruppen. Bei Vicious Lips handelt es sich dagegen um eine Kunstgruppe, die nur im Film existiert. Noch krasser: Die Schauspielerinnen sind wirklich nur Schauspielerinnen; wenn Judy/Ace ihren Mund zu den Liedern bewegt, hört man tatsächlich die Stimmen Sue Saads und Mary Ellen Quinns, die allerdings immerhin ähnlich genug klingen. Doch auch wenn prominente Besetzung fehlt, so ist die Musik doch trotzdem über jeden Zweifel erhaben. Neben dem eingangs erwähnten Titelsong bleiben zahlreiche Nummern wie Save Me, Ocean of Stars, Light Years Away, Lunar Madness und Lips on the Moon sehr gut im Gedächtnis – das ist 80er-Jahre-Rockmusik bester Qualität!

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Der große Auftritt…
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…im Club von Galaxieruf
Wenn da nur eben nicht dieser riesige Durchhänger zwischen dem ersten Akt und der Schlussszene wäre, der leider den Großteil der Gesamtlaufzeit ausmacht. Da wird dann leider deutlich, dass es nicht nur an Ideen, die Zeit zu füllen, mangelte, sondern auch einfach Null Budget vorhanden war: Eine leere Fabrikhalle muss für alle Innenaufnahmen herhalten. Mal ist sie ein Raumschiff mit sehr hoher Deckenhöhe und seltsam oben angebrachten Fenstern, mal ein seltsam großräumiges und leeres Büro, mal baumeln einfach ein paar Plastikplanen von jener Decke herunter und schon hat man eine „surreale Traumwelt“. Nicht zu vergessen die teilweise wirklich peinlichen Monstermasken. Sobald man nicht durch Musik unterhalten wird, bemerkt man diese Dinge leider allzu deutlich.

Doch es ist nicht nur die Ausstattung, die fehlt, es ist auch praktisch alles andere. Während in den musikalischen Anfangsszenen erwähnte Videoclipästetik, also schnelle Schnitttechnik und (positiv) verfremdende Farbgebung, einigermaßen interessant wirkt, sind die Szenen nach dem Absturz auch einfach langweilig inszeniert. Von Dynamik keine Spur mehr. Um solche Phasen zu füllen, hätte man dann eben doch zumindest versuchen müssen, zumindest sinnvollere Charakterkonflikte zu konstruieren, die über die sehr simpel vorhandenen hinausgehen. Andere ähnlich gelagerte Filme (bspw. Straßen in Flammen) haben es vorgemacht. Ein Film mit nichts als guter Musik ist eben immer noch kein guter Film.

P.S. Falls es noch nicht klar geworden werden sollte: Coverabbildung und Titel haben nichts mit dem Film zu tun. So wirklich gar nichts!

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