Hannes schreibt:
Bernard bleiben von Tilde nur Fotos
Eben diese Rolle nimmt der Schriftsteller Bernard (Peter Baldwin) ein. Außerhalb jeglicher Saison mietet er sich in einem Hotel in einem Ferienort ein. Hier ist er gut bekannt, der Hotelier und Dorfpatriarch Enrico (Salvo Randone) freut sich über jeden Gast. Bernards eigentliches Ziel, auch wenn er es sich selbst noch nicht ganz eingestehen möchte, ist es, das Zimmermädchen Tilde (Virna Lisi), das er bei seinem letzten Aufenthalt hier kennengelernt hat, wiederzusehen. Doch als er sich endlich durchringt, nach ihr zu fragen, ereilt ihn ein Schock: Tilde habe im letzten Winter Selbstmord begangen.
Noch stärker auf die Familie Enrico (ebenso wie „Bernard“ ist dies als Nachname gemeint) spitzt sich die allgemeine Aufmerksamkeit zu, als Sohn Mario (Philippe Leroy) unerwartet und vorzeitig von seiner Hochzeitsreise zurückkehrt. Seine Frau Adriana (Pia Lindström) wandelt wie in Trance jede Nacht zum See; tagsüber verlässt sie das Haus dagegen niemals, sie verweigert die Nahrungsaufnahme und wirkt auch sonst schlecht zu Wege. Ohne größeren Anlass versucht sie jedoch Bernard im Geheimen Nachrichten zukommen zu lassen. Zur Kommunikation kommt es jedoch nicht mehr: Bald wird sie tot im See schwimmend aufgefunden. Francesco will nun, ob aus Angst oder weil er gekauft wurde, nichts mehr von der Sache wissen – was Bernard jedoch desto neugieriger macht. Was ist das Geheimnis des offensichtlichen Niedergangs der Familie Enrico und was hat Tildes Tod damit zu tun?
Was fasziniert Adriana so sehr an dem See?
Wie ein Traum folgt das Geschehen jedoch einer immanenten, und, wenn auch nicht unbedingt erklärlichen, deterministischen Logik. Wie in der griechischen Tragödie bekommen am Ende alle Charaktere das, was sie „verdienen“; was heißt, dass nicht mehr viele Personen übrig sein werden. Konsequent und eben besonders tragisch, da keiner von ihnen tatsächlich unsympathisch geworden ist im Handlungsverlauf. Im Gegenteil: Selbst ihre subjektiv-herbeitheoretisierten möglichen Taten bleiben menschlich erklärbar, wenn sie auch nicht gutzuheißen sind. Das unterscheidet realistische Charakterzeichnungen wie diese von plumpen Gut-Böse-Schemata.
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